Einhändiges Reiten ist die Krönung der Klassischen Reiterei.

Stute Belleza in der Pesade / Foto: Britta Arends-Weinrich

Ausbildung | Julia Thut

Unsere ganze Reitkunst basiert im Grunde genommen auf der einhändigen Reiterei. Historische Quellen – Abbildungen und Texte – zeigen und beschreiben fast ausschließlich einhändig geführte Pferde. Die klassische Reiterei folgt biomechanisch logischen, natürlichen Prinzipien die dem Pferd helfen, ins Gleichgewicht zu kommen um den Reiter möglichst lange und schadenfrei tragen zu können. Da unsere Reitkultur dem einhändigen Reiten entspringt und folglich darauf hin abzielt, kann ein Pferd, welches korrekt ausgebildet wurde, über kurz oder lang genauso einhändig geritten werden.

 

Ein paar klassische Prinzipien die letzten Endes der Logik des einhändigen Reitens entspringen sollen hier genauer erläutert werden:

Ziel der klassischen Reiterei ist es, dass die Gewichtshilfen (und namentlich auch die Sitzhilfen, womit auch das Mitschwingen in der Mittelpositur gemeint ist) zu 80 % vorherrschen sollten. Die Schenkel übernehmen lediglich 15 %, die Hand optimalerweise nur 5 % der Hilfen (bis sie sogar ganz überflüssig werden kann).

Wird ein Pferd nun einhändig geritten, stellt sich schnell heraus, ob dieses Ziel bereits erreicht wurde. Denn nur ein Pferd was den Sitz des Reiters versteht und respektiert, wird sich einhändig an feinen Hilfen in allen Lektionen reiten lassen.

Die Gedanken des Reiters (gelb) formen die Lektion aus. Die Sitzhilfen (grün) sollten vorherrschen. Schenkel und Hand (orange) folgen, wenn das Pferd auf den Sitz nicht reagiert. Als Verstärker kommen Sporn und Gerte dazu. Foto: Sarah Alewtina Reimann

Ein weiteres wichtiges Prinzip, welches vor allem in der Wendung und bei den Seitengängen sowie Vor- Hinterhandwendung und Pirouetten zum Tragen kommt ist folgendes:

Die Hüfte des Reiters sollte stets parallel zu der Hüfte des Pferdes und die Schultern des Reiters sollten parallel zu den Schultern des Pferdes ausgerichtet sein.

 

Ein gut ausgebildetes Pferd richtet seine Schulter parallel zu der Schulter des Reiters aus, seine Hüfte parallel zu der Hüfte des Reiters. Dies kommt besonders in der Biegung zum Tragen: Führt der Reiter seine innere Schulter nach hinten (d.h. er rotiert seinen Brustkorb in der Wendung nach innen), so folgt ihm das Pferd mit seiner Schulter in die Biegung. Dieser sogenannte Drehsitz fühlt sich auf einem durchlässigen Pferd an, als ob man auf einem gut geölten Bürostuhl säße, der sich stets dahin dreht, wohin man sich wendet.

(Auszug aus dem Buch S. 36).

Das sind nur zwei von vielen Prinzipien der Klassischen Reiterei welche der Logik des einhändigen Reitens entspringen. Werden diese Prinzipien bereits in der Grundausbildung von Pferd und Reiter berücksichtigt, so können diese relativ rasch zu feinem, und letzten Endes auch einhändigen Reiten gelangen.

„Einhändiges Reiten schult einerseits den Reiter, seine Lektionen exakt zu planen und differenzierter mit Gewichts- und Schenkelhilfen einzuwirken, andererseits schult es ebenso das Pferd, feiner auf die Hilfen des Ausbilders zu reagieren.“ (Zitat S. 41)

 

 

Über die Autorin:

Die gebürtige Schweizerin Julia Thut hat nach Abschluss ihres KV/Berufsmatura-Diploms ihre Passion Reiten zum Beruf gemacht. Es folgten Lehrjahre bei zahlreichen Vertretern der Klassischen Reiterei und verschiedene Trainerscheine. Seit nunmehr 10 Jahren beschäftigt sich die Autorin auch mit der Rekonstruktion historisch-europäischer Kampfkünste zu Pferd, die sie bis heute begeistern. Sie gibt im In- und Ausland Kurse zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten, bildet Pferde aus und arbeitet als Stuntfrau für die Filmindustrie.

 

Alle Fotos dieser Seite: Sarah Alewtina Reimann

 

 

 

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Feiner, balancierter und harmonischer reiten. Mit Übungen für Einsteiger und Fortgeschrittene.

Autorin: Julia Thut

Gebundene Ausgabe: 208 Seiten

Verlag: Olms, Georg; Auflage: 1., 2017 (1. März 2017)

ISBN-10: 3487085860

ISBN-13: 978-3487085869

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