Traditionelle Chinesische Medizin für Pferde

Gesundheit | Ulrike Hoehn

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist eine Jahrtausende alte Heilmethode. Erste Aufzeichnungen über die Anwendung bei Pferden, die in den Kriegen als Reit- und Lasttier genutzt und auch medizinisch versorgt wurden, stammen aus der Zeit um 650 vor Christus. In Europa ist diese Behandlungs-Methode für den Bereich der Pferde-Gesundheit erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt worden. Seitdem begeistern Anwendungen der TCM wie zum Beispiel die Verwendung von Akupunktur-Nadeln und Moxakegeln immer mehr Pferdebesitzer.

Das Hauptziel der chinesischen Medizin ist die Prävention von Krankheiten. Das ist für den Betrachter in der westlichen Welt zunächst neu, denn hier werden Behandlungen im Regelfall erst beim Eintreten von Symptomen einer Krankheit begonnen. Doch nicht nur zur Vorbeugung, sondern auch bei der Behandlung akuter oder gar chronischer Erkrankungen lassen sich die verschiedenen Bereiche der TCM erfolgreich einsetzen.

 

Bausteine der TCM

Unter TCM wird außerhalb Chinas oft nur Akupunktur verstanden, aber dies ist nur die am weitesten verbreitete Anwendungsform aus den „5 Säulen der chinesischen Medizin“. In China wird in erster Linie die Arzneimitteltherapie genutzt. Diese beinhaltet aber neben pflanzlichen Stoffen auch tierische Inhaltsstoffe, welche teilweise in Europa nicht gestattet sind. Die verschiedenen Anwendungen können einander unterstützen und ergänzen, aber auch je nach Krankheitsbild einzeln eingesetzt werden:

  • Arzneimitteltherapie (Phytotherapie)
  • Akupunktur und Moxibution (Erwärmung einzelner Akupunkturpunkte)
  • Diätetik (Ernährung)
  • Massagen (z. B. Tuina)
  • Bewegung (z: B. Qigong, Taijiquan)

Was die Behandlung von Tieren angeht, werden vorrangig die ersten drei Behandlungsansätze von Tiertherapeuten zur Anwendung gebracht.

 

Die fließende Energie - Qi

Die alten Chinesen bezogen alles im Leben, von der Natur, über Bauwerke (Feng- sShui) bis hin zum menschlichen oder tierischen Körper, auf das Fließen von Qi und die Balance im Yin und Yang. Qi (gesprochen: tschie) ist die allumfassende Lebensenergie, die alles im Fluss hält. Yin und Yang fließen im Optimalfall, wie in der sogenannten Monade (siehe Abbildung) dargestellt, in perfekter Balance ineinander und tragen immer einen kleinen Teil des Gegenübers in sich. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Yin bedeutet ursprünglich „die schattige Seite des Hügels“ und repräsentiert Weiblichkeit, Dunkelheit, Schwere, Kälte, Passivität, das nach unten und einwärts Gerichtete. Das Yang („die sonnige Seite des Hügels“) hingegen stellt das Männliche, Helle, Leichte, Warme, Emporschwebende, das extrovertierte Prinzip dar.

Die Monade: Yin und Yang im perfekten Gleichgewicht.

 

Die 5 Elemente

Sie sind eine weitere sehr wichtige Ordnung in der allgemeinen chinesischen Betrachtungsweise der Medizin. Nach der Yin- und Yang- Betrachtung wird hier eine feinere Ordnung angestrebt. Auf ihnen baut sich auch ein Teil der vielen möglichen Behandlungskonzepte auf. Die Elemente sind Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Ihnen werden nicht nur die 12 Meridiane zugeordnet, sondern auch körperliche Strukturen, die Jahreszeiten, Umwelteinflüsse, Gefühle, Geschmacksrichtungen und vieles mehr. In verschieden Zyklen fördern und kontrollieren sich die Elemente gegenseitig, um stets in perfekter Balance untereinander zu stehen, sodass ein freier Qi-Fluss stattfinden kann. Liegt eine Störung in einem der Elemente vor, und bleibt sie längere Zeit bestehen, so gerät die feine Balance der Elemente aus dem Lot. In der Folge können verschiedene Zustände auftreten. So kann sich im gestörten Element eine Leere bilden oder das vom gestörten Ausgangselement kontrollierte Element übermäßig stark werden. Fülle und Leere-Zustände gehören bei der TCM zu den wichtigen Elementen, die es zu diagnostizieren gilt.

Die 5 Elemente mit zugeordneten Meridianen


Akupunktur

Der Grundgedanke der Akupunktur beruht darauf, dass im Körper Leitbahnen verlaufen, die so genannten Meridiane, in denen das Qi fließt. Die einzelnen Meridiane sind den 5 Elementen (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) in einem Kreislauf zugeordnet. Alle sind abhängig voneinander und sSie beeinflussen sich gegenseitig. Wenn also in einem Meridian, bzw. in einem Element eine Störung auftritt, können die im Zyklus davor / dahinter liegenden Elemente ebenfalls in ihrer Funktion beeinträchtigt werden und bei länger anhaltenden Blockaden immer mehr Meridiane beeinflussen. Gesundheit liegt vor, wenn das Qi frei und ungehindert in den Meridianen fließen kann.

Gibt es nun Störungen im freien Fluss des Qi, die nicht durch Selbstregulation behoben werden können, kommt es zu Erkrankungen und Krankheitssymptomen. Der chinesisch arbeitende Therapeut sieht demnach eine Erkrankung als Zeichen von Ungleichgewicht und Stagnation dieser Lebensenergie, sodass an bestimmten Punkten eine Leere („zu wenig Energie“) oder eine Fülle (Stau durch Stagnation oder zu viel Energie, z. B. eine Entzündung) entsteht.

 

Wirkweise der Akupunktur

Bei der Akupunktur (lat.: acres = Nadel, punctere = das Stechen) werden bestimmte Akupunkturpunkte über den Nadelstich beeinflusst, sodass der Fluss der Lebensenergie Qi wieder in Balance gebracht wird. Ein Nadelstich an der Körperoberfläche beeinflusst dabei den gesamten Organismus bis in die Tiefe und nimmt sogar Einfluss auf die inneren Organe.

Die Wirksamkeit der Akupunktur ist dahin gehend untersucht und belegt (selbst deutsche gesetzliche Krankenkassen zahlen Akupunkturbehandlungen), dass durch die Behandlung der Akupunkturpunkte, an welchen der Meridian an die Hautoberfläche tritt, viele Krankheiten deutlich zu beeinflussen sind. (GERAC-Studien)

 

Fallbeispiel Ekzem

Die Haut wird in der TCM dem Lungenmeridian zugeordnet. Dieser gehört zum Element Metall. Das Metall kontrolliert die Atmung und die Haut. Zum einen gehören also Atembeschwerden, Husten und Schnupfen zu einer Störung des Lungenmeridians. Zum anderen aber auch Hautprobleme, gestörter Fellwechsel, Haarausfall, Schuppenbildung oder insgesamt trockenes Fell. Aber auch das (nur im westlichen Sinne vorhandene) Immunsystem wird hier zugeordnet. Daher auch Allergien, die beim Ekzemer eine Rolle spielen können. Metall steht im Kreislauf der 5 Elemente in Abhängigkeit vom Element Erde, welche den Großteil der Verdauung repräsentiert (außer dem Dickdarm, der auch dem Metall angehört). Hier ist also eine weitere mögliche Ursache lokalisiert. In der westlichen (Alternativ-) Medizin, wird ja oft auch ein gestörter Stoffwechsel und eine Entgleisung des Magen-Darm-Millieus für Ekzeme verantwortlich gemacht.

Wenn eine Störung in einem Meridian sehr lange anhält, werden dadurch, nach und nach, alle anderen in Mitleidenschaft gezogen. Hier erklärt sich dann auch, warum die chinesische Medizin eine ganzheitliche Medizin ist. Hier wird, eventuell mit nur einer einzigen gesetzten Akupunktur-Nadel, immer das ganze System beeinflusst.

Es gibt sehr viele Strategien in der TCM ein komplexes Krankheitsbild anzugehen. Manchmal reicht es nicht aus, nur über den Einsatz von Akupunktur zu arbeiten. In hartnäckigen oder chronischen Fällen werden zusätzlich noch Kräutermischungen (Arzneimitteltherapie) verschrieben, die nachhaltig und tief wirken. Außerdem wird zusätzlich die Ernährung in die 5 Elemente einsortiert und angewendet!

Nach sorgfältiger Anamnese wird der chinesisch arbeitende Therapeut eine anderslautende Diagnose stellen, als der westlich arbeitende. Sie könnte im Beispiel eines Ekzemers „Feuchtigkeit mit Hitze im Blut“ lauten. Auf dieser Basis wird ein phytotherapeutisches Rezept zur Ausleitung der Feuchtigkeit und Hitze sowie gleichzeitigen Nährung des Blutes verschrieben. Drüber hinaus wird ein passendes Konzept zur Akupunktur entwickelt, bei dem die betroffenen Meridiane wieder harmonisiert werden. Unterstützt mit einer Stoffwechseloptimierung kann so auch ein schwieriges Krankheitsbild gut stabilisiert werden.

Ulrike Hoehn

Über die Autorin:

Tierheilpraktikerin Ulrike Hoehn aus Burgdorf (Hannover) behandelt seit 2009 Hunde, Katzen und Pferde mit naturheilkundlichen, ganzheitlichen Methoden.

www.thp-hoehn.de

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