Augen auf beim Pferdekauf

Pferdekauf, was kostet ein Pferd, Pferdehändler

Während der Coronazeit kaufen sich die Menschen vermehrt Haustiere

Während der Zeit der Coronamaßnahmen sind die Händlerställe leer gekauft. Selten blühte der Handel wie jetzt, die Preise klettern selbst für alte und kranke Pferde in schwindelnde Höhen. Alle kaufen sich Haustiere, auch Pferde, leider oft ohne entsprechendes Vorwissen. Dabei gibt es für diese Herzenskäufe Profis als Begleitung, damit nichts schief geht, denn fachliche Laien sind überfordert bei der Einschätzung des Marktes, der Preise und vor allem des Vierbeiners!

Zuerst müsste die Frage gestellt werden, was mit den Tieren passieren wird, wenn die Krise vorbei ist und die Menschen wieder aus dem Homeoffice zurück an den Arbeitsplatz in der Firma müssen. Die zweite Frage ist, warum Menschen verlernt haben, sich sinnvoll zu beschäftigen, wenn sie mit mehr Freizeit konfrontiert sind. Das Tier ist dann da und das Zeitbudget plötzlich weg. Dazu kommt noch der finanzielle Aspekt, da viele nicht wissen, ob sie ihre Arbeit noch lange haben werden. Überhaupt: Wer an dem Punkt spart, zahlt Lehrgeld, letztendlich geht es hier auch um Lebewesen als Objekt und Tauschgeschäft, denn es gibt kaum Händler, die ein Pferd zum Verkaufspreis zurück nehmen.

Nein, natürlich lassen sich nicht nur Laien hinter`s Licht führen beim Pferdekauf. Auch Fachleute, die längst anbieten, jemanden gegen eine entsprechende Gebühr beim Kauf zu beraten, garantieren keinen 100%igen Erfolg, aber begleiten ReitlehrerIn oder erfahrene Züchter den Kauf, steigen die Chancen, ein halbwegs gesundes und für den Bildungsstand geeignetes Pferd oder Pony zu finden, zum anständigen Preis. Außer vielleicht, der Begleiter bekommt vom Händler bereits Provisionen…

Wie beurteilt ein Profi das Pferd vor dem Kauf? Zuerst sollten die Hufe angeschaut werden, denn in diesem Bereich verstecken sich schon die meisten übel: steht ein Pferd nicht korrekt auf den Hufen und auf den Beinen, wie bewegt es sich dann? „Ohne Huf kein Pferd“. Während sich gewöhnliche Sprichworte aus dem Jargon in den Alltag geschlichen haben, ist an diesem was dran. Leider sehen sehr viele Hufe bei Händlerpferden (leider auch bei Züchtern) gruselig aus. Die Misere überall.

Sind Stellung und Hornqualität gut (ein Profi erkennt am Huf auch bisherige Quetschungen und ob es bereits Reheschübe gab: damit sind nicht die Waldtiere gemeint!) wandert das Auge von dort nach oben und schätzt das komplette Exterieur ein. Sprichwörtlich kauft niemand einen Fuchs mit vier weißen Beinen und irren Augen? Die irren Augen machen mehr Sorgen als die Farbe, ehrlich gesagt. Leider verlieben sich viele auf Anhieb in den feurigen Spanier, Hengst soll es sein und ein Rappe. Gerade deshalb ist die Kaufbegleitung so wichtig, sie findet das Pferd, das nicht nur optisch passt.

Bitte nicht blenden lassen von Farbe, Rasse, Papieren (Modehengst, Prämienstute, Elitefohlen) oder Händlergeschwätz: „Ein gutes Pferd hat keine Farbe“ und „Du reitest kein Papier, Du reitest das Pferd“ sind in diesen Fällen weise Worte. Der Anspruch an den Menschen, der kaufen möchte, ist vor allem: ein Jahr Reitstunden vorher sind Minimum! Die Händler berichten von „Eiskunstlauf-Eltern“, die ein vierjähriges Pony für ihre Sechsjährige ohne jede Reitstunde vorher kaufen möchten. Da kommt die Mutter, die früher mal auf dem Ponyhof Urlaub gemacht hat und das Talent des Kindes sieht, das jedem Beobachter verborgen bleibt?

Gut fahren die Leute, die ihren Reitlehrer oder ihre Reitlehrerin mitnehmen, aber klären, dass die nicht beim Verkauf profitieren und immer genau zu diesem einen Händler fahren mit Kundschaft. Wer das gekaufte Pferd hinterher im Unterricht auch „bedienen“ muss, ist da sicher vorsichtiger. Außerdem kann ein Profi das neue Pferd beim Händler vorreiten, erst dann sollten Interessenten schauen, ob sie sich im Sattel des Kandidaten auch wohlfühlen werden, ob es schlicht passt.

Ein junges Pferd mag günstiger erscheinen, aber das beim Kauf vielleicht gesparte Geld wandert dann in Reitstunden und Ausbildung/Beritt – oder in tierärztliche Behandlungen des Pferdes, in der Klinik für Menschen? Ohne Händlern böse Absicht zu unterstellen: so manches Pferd ist in der gewohnten Umgebung brav und zugänglich. Die neue Haltung im neuen Stall kann das schon schnell ändern.

Ab einem bestimmten Preis empfiehlt sich eine Ankaufsuntersuchung mit Röntgen und Medizincheck bei den Pferden, die in die engere Auswahl kommen. Ob das eine Blutprobe ist, eine Haaranalyse oder das Gutachten eines Sachverständigen, sollte jeder für sich vorher klären. Es kommt da auch immer auf das Budget an, das für den Kauf entscheidend ist. Ein Pferd kostet, auch ein gesundes.

Die Gewährleistung (zwei Jahre beim gewerblichen Händler) ist gesetzlich verankert, aber hin und her tauschen, wenn es doch nicht passt, ist schon fragwürdig bei einem Lebewesen mit viel Herz. Wie ist das für ein Tier, wenn es durch die Ställe gereicht wird? Auch das spielt mit bei der Entscheidung. Es gibt Pferde, die sehen ihre letzte Chance und entpuppen sich als Schatz. Es gibt auch andere!

Geht der Kauf schief und die Parteien landen bei Gericht, Achtung: professionelle Händler haben gern ein Netzwerk an Zeugen, die bei Prozessen alles aussagen würden, um die Gewährleistung zu umgehen! Es gibt aber auch VerkäuferInnen, die ein Interesse haben, dass die Kombination passt und langfristig hält, das ist die beste Werbung für sie. Das perfekte, gesunde Pferd mit vielseitiger Ausbildung und freundlichem Wesen für kleines Geld ist Utopie. Mark Todd, Olympiasieger in der Vielseitigkeit, ist sachlich und nüchtern bei der Suche nach dem Jungpferd: Es darf Fehler haben bei Interieur oder Exterieur. Hufe und Beine sollten in Ordnung sein, für Buschreiter sind auch Herz und Lunge wichtig, aber wenn Todd den Fehler anderweitig auffangen kann, kauft er es. Ein echter Profi.

Karola Bady


Über die Autorin:

Karola Bady

Pferde spielen eine wichtige Rolle im Leben der Redakteurin, die für die Schaumburger Zeitung, der DWZ in Hameln und Sport BILD gearbeitet hat.Seit der Jahrtausendwende ist Karola Bady Tierpsychologin für Pferde und bietet auf ihrem Hof in Oldendorf bei Himmelpforten, Kurse und Seminare rund um die Verhaltenskunde der Pferde an. Außerdem finden hier kranke und psychisch auffällige Pferde ein Team von Experten, die sich um das Wohlergehen der Vierbeiner kümmern.

Mehr Infos unter www.pferde-auf-die-couch.de

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