Doma de Campo – Kultur und Tradition

19. Mai 2017

Wissenswertes | Graf | 26.05.2017

Hinter den traditionellen Arbeitsweisen der iberischen Halbinsel verbirg sich ein äußerst fundiertes Wissen, verbunden mit einem natürlichen Gespür, die Bedürfnisse des Pferdes wahrzunehmen und dieses als Partner langjährig gesund zu erhalten.

Im Spanischen wird immer wieder von der rudimentären ‚Doma de Campo‘ gesprochen, die früher nur wenig von einer Technik der Hilfengebung kannte. Hirtenreiter konnten meist nicht wirklich erklären, wie sie es schafften, dass die gemeinsame Arbeit mit ihren Pferden zu einem faszinierenden Tanz werden konnte. Solch unglaubliches Können entwächst viel mehr einem sensiblen Umgang mit dem eigenen Gefühl und einem Hören auf die Intuition, unsere innere Stimme. Gesund kombiniert schenkt beides Spontaneität und Genialität. Und genau das verlangt auch heute noch ein Arbeiten mit Tieren. Bekommt man die seltene Chance, Könner ihrer Zunft, am Besten unbemerkt bei ihrer Arbeit zu beobachten, so darf man Zeuge werden von einem atemberaubenden Wirken im Einklang. Der Partner ‚Pferd‘ kennt seinen Job und gibt sein Bestes, ihn zu erfüllen.

Ein Leben im Einklang mit Natur und Tieren ist nicht immer leicht. Es verlangt Eigenverantwortung, ein gutes Gespür für die Situation und die richtige Handlung. Es ist grundsätzlich mit konsequenter Arbeit von Mensch und Tier verbunden. Aber dennoch ist es auch erfüllt von einem Miteinander in gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Grundlegende Attribute, die wir selten zur Gänze in uns selbst haben. So ist doch ihr Fehlen meist der Nährboden von Mißstimmigkeiten zwischen Mensch und Tier. Klares Denken, Natürlichkeit und Intuition sind Fähigkeiten, die im Alltag miteinander meist nicht mehr bewusst gelebt werden. Dabei sind es tragende Säulen, auf denen ein wertvolles Arbeiten von Mensch und Tier gedeihen kann.

Im Laufe der Zeit und mit der ‚Umsiedlung‘ des Trainings auf die Reitbahnen, spricht man im Süden der iberischen Halbinsel von einer ‚Akademischen Reiterei‘, in der Reiter nun zur Praxis auch theoretisches Wissen erlernen. Juan Jesús Guerrero Dominguez spricht hier von einem großen Vorteil für die Ausbildung von Pferd und Reiter. Pferde werden gleichmäßiger auf beiden Körperseiten trainiert, sämtliche Lektionen werden gezielter in Details aufgeschlüsselt und erarbeitet. Die Ausbildung der Pferde erhält also einen ‚akademischen Grad‘. Allerdings wird es durchaus schwieriger, solch eine Einheit, ein selbstverständliches Miteinander wie es auf den Feldern existiert, auf dem Reitplatz entstehen zu lassen, wie auch dies auf eine Ausbildung in der Bahn zu übertragen.

Der bekannte Rejoneador Pablo Hermoso de Mendoza beschreibt in seinem Buch ‚El Corazón de los Caballos‘1 wie wichtig es für ihn ist, jungen Pferden von Anfang an zu lernen, mit dem Reiter eine Einheit zu bilden. Der Reiter soll dabei den Bewegungen des Pferdes folgen, sie begleiten und dadurch erfahren, wie er mit minimalen Veränderungen der Balance sein Pferd leiten kann. Dieses Spüren einer ersten Verbindung kann über Jahre so weit vertieft werden, dass sich im Laufe der Zeit sogar Atmung und Herzschlag miteinander verbinden. Solch ein überwältigendes Erlebnis des Einklangs entsteht wesentlich intensiver in der direkten Arbeit mit Rindern. Äußerst interessant ist, dass dieses Aufeinanderabstimmen von Atmung und Herzschlag durch neueste wissenschaftliche Studien belegt wurde.

Intuition und Natürlichkeit gehören grundsätzlich zu der Arbeit mit Tieren. Dieser Geist, der in der Hütearbeit auf den Feldern herrscht, verlangt eben alles andere als eine ‚Reitsportdisziplin‘. Vielmehr ist hier eine Art zu Reiten gemeint, die durch das Leben selbst geprägt und tatsächlich eine Kulturform ist. ‚Es una forma de vida, de verdad.‘

 

Über die Autorin:

Seit ihrer Kindheit faszinieren Angelika Graf traditionelle Arbeitsreitweisen, vor allem die der iberischen Halbinsel, wie die Doma Vaquera und die Equitaçao de Trabalho.

Angelika Graf möchte mit ihren Büchern über die Working Equitation einen Teil davon bewahren, was an Wissen, an Reitkunst, verloren ginge, wenn die Arbeitsreiterei immer mehr durch Maschinen und Zäune verdrängt werden würde.
Sie stellt das Arbeiten, und damit den Sinn an Übungsabläufen und der sich daraus entwickelnden Beweglichkeit, der Kraft, Eleganz und Ausdauer, in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit.

 

 

 

 

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Zum Weiterlesen:

Working Equitaiton: Advanced

Angelika Graf Verlag

ISBN    978 3 9814641 3 9

Ein Nachschlagewerk, das in die Tiefen traditioneller Reitkunst entführt.
Der zweite Teil ‘Working Equitation Advanced’ mit vertieftem Wissen über die Hilfengebung der einhändigen Zügelführung, sowie detaillierten Erklärungen aller Seitengänge und höherer Lektionen, beispielsweise Pirouetten, Medias Vueltas, Serienwechsel und vieles mehr!

 

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